Stellungnahme zur Heilig-Geist-Spital-Stiftung

Als Kandidatin und Kandidat der Linken für die kommende Landtags- und Bezirkstagswahl hegen wir starke Zweifel an dem von der SPD vorgeschlagenen vermeintlichen Königsweg. Unserer Ansicht nach gehört die Daseinsvorsorge fest in öffentliche und gemeinnützige Hände, ohne Profitinteresse. Es scheint uns, als wären die SPD die Lehren aus den vergangenen Jahren, in denen in ganz Deutschland ehemals privatisierte Infrastrukturen teuer mit Steuergeldern zurückgekauft werden mussten, um die Versorgung aller Bürgerinnen und Bürger sicherzustellen, noch nicht angekommen. Investoren streben Gewinn an und vertraglich "gesicherte" Leistungen können schon morgen obsolet sein, wenn sich Rahmenbedingungen oder Bedarfe zum Nachteil der öffentlichen Vertragspartner entwickeln. Dabei kann sich auch der freundlichste Investor aus Geld- oder Renditemange schon morgen als eiserner Verfechter seiner ureigenen Interessen entpuppen.

Wir bevorzugen einen Ansatz, wie ihn der Förderverein des Heilig-Geist-Spitals vorgeschlagen hat. Die Stadt und damit unsere Stadtgesellschaft haben eine Verpflichtung gegenüber den Rentnerinnen und Rentnern unserer Heimat. Genauso müssen wir als Stadt eine langfristige Perspektive einnehmen, was bedeutet, dass wir uns auf einen steigenden Bedarf an stationärer und ambulanter Pflege einstellen müssen. Genau diese Perspektive erfordert, dass wir als Stadt selbst entsprechende Kapazitäten in gemeinnützigen und öffentlichen Händen schaffen, damit wir unter sozialen Gesichtspunkten Spielraum bei der Versorgung unserer Senioren haben.

Wird dies nicht umgesetzt, zeigt jüngst was es bedeutet die Pflegeverantwortung auf einen privaten Investor zu übertragen. In Reichertshofen setzte vor etwas mehr als einen Monat die NOVITA Gruppe ihre Bewohner innerhalb ein paar Tage auf die Straße, weil es sich nicht mehr rentierte sie zu pflegen. Die Entscheidung wurde binnen einer Woche umgesetzt. Alle sind in Aufruhr und können nicht fassen, wie schnell Pflege zum Spielball der Kapitalinteressen werden kann. Die Rechnung für diese Rahmenbedingungen zahlen wir als Verbraucherinnen und Verbraucher. In eine derartige Situation und in ausschließlich private Hände sollten wir die regionale Versorgung unserer älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger nicht geben.

Schon jetzt sind die Wartelisten voll mit Menschen die auf einen Pflegeplatz in der Stadt hoffen. Gerade das Heilig Geist Spital ist eine notwendige Institution die Bedürftigen eine gute Pflege ermöglicht. Es ist naiv zu glauben, dass achzig stationäre Pflegeplätze durch das Angebot des privaten Investors ersetzt werden können. Erfahrungsgemäß suggeriert der Begriff „betreutes Wohnen“ im vorgelegten Zukunftskonzept meistens nicht das was er verspricht. Denn das Wort "betreut" erweckt den Anschein einer umfangreichen Versorgung und Betreuung. Dies ist in der Regel beim Betreuten Wohnen in diesem Umfang nicht vorgesehen. Meistens wird bei diesem Modell ein Appartement zur Miete oder auch zum Kauf angeboten. Zusätzlich können verschiedene Unterstützungsleistungen in Anspruch genommen werden, wie den Hausnotruf, Tätigkeiten des Gebäudemanagements und Reinigungsdienste, Wäscheservice oder die Vermittlung von Pflegeleistungen. Betreutes Wohnen bietet in der Regel also keine Rundumversorgung und ist daher für Menschen mit schwerer Pflegebedürftigkeit oder fortgeschrittener Demenz weniger geeignet. Zudem ist so eine Veränderung räumlich und personell eine enorme seelische Belastung für die Bewohner und ihre Angehörigen.

Das Angebot der Kurzzeitpflegeplätze ist zudem nicht ausreichend kalkuliert. Die SPD-Fraktion im Bayrischen Landtag schreibt selbst in ihren „Ideen für eine menschliche Pflegepolitik“: […] Wir wollen einen umfassenden und bedarfsgerechten Ausbau von Entlastungsangeboten und Hilfen im Alltag. Pflegende Angehörige müssen entlastet werden, dazu müssen die Kurzzeitpflegeplätze ausgebaut werden […]. Diesen Ansatz vermissen wir in dem vorgelegten Konzept. Die angedachten Kurzeitpflegeplätze in dem Papier erfüllen nicht mal im Ansatz die Vorstellungen der bayrischen SPD. Wir wundern uns, wieso die eigenen Ideen nicht auch da umgesetzt werden, wo es auch möglich ist.

Neben diesen Aspekten irritiert uns auch der Umgang mit den Beschäftigten. Sie können nicht wie Möbel von A nach B verschoben werden. Die Annahme, dass ALLE Mitarbeiterinnen von einem Träger zum anderen wechseln ist naiv. Das funktioniert nur auf dem Papier, ohne das Personal in dieser Frage zu beteiligen. Da reichen warme Worte, Versprechungen und ein Arbeitsplatzangebot (ohne Gehaltsverlust – auch zukünftig) schon lange nicht mehr aus.

Schon jetzt könnte Anna-Ponschab-Haus mehr Pflegeplätze vergeben, wenn sie genug Personal hätten. Auch noch innerhalb von einem Jahr zu erwarten, dass der Ausbau auf weitere 100 stationäre Plätze, ein weiterer ambulanter Pflegedienst und Kurzzeitpflegeplätze erfolgreich wird und diese auch belegt werden können, zeigt wie theoretisch die Pflegeproblematik angegangen wird.

Was fehlt, ist eine gesamtstädtische Antwort auf den Pflegemangel. Es muss ein Personalgewinnungs und -haltungskonzept entwickelt werden. Und das nicht im stillen Kämmerlein, sondern mit Beteiligung der Träger, politisch Verantwortlichen, Interessensvertretung und Gewerkschaften. Rein zu hoffen, dass die Pflegekräfte vom Himmel fallen und den Pflegenotstand beheben, zeigt die Handlungsunfähigkeit und Ratlosigkeit der Verantwortlichen.

Im vorgelegten Konzept fehlt jegliches Bekenntnis, des zukünftigen Trägers, zur Bezahlung der Arbeitskräfte nach einem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes. Es scheint eher ein Modell der Subunternehmer ohne Tarifbindung zu werden.
Ansatzpunkte es besser zu machen gibt es genug. Es muss z.B. die Anerkennung der ausländischen Fachkräfte beschleunigt werden. Das Sprachkursangebot muss massiv ausgeweitet werden, die Ausbildung der zukünftigen Pflegekräfte verbessert werden und nicht zuletzt ein attraktives Beschäftigungsangebot den Pflegekräften gemacht werden. Maßnahmen wie die Arbeitszeitverkürzung [Immer mehr Pflegeeinrichtungen deutschlandweit gewinnen mehr Personal mit diesem Angebot], Möglichkeit einer Altersteilzeit mit Aufstockung des Teilzeitgehalts sind genau der richtige Weg, Förderung der Ausbildung und Gewinnung der Auszubildenden durch attraktive Angebote zum Ausbildungsplatz (Übernahme des Jobtickets, Bezuschussung zur Fahrschule sind denkbare Modelle) und vieles mehr.  Ohne einen Personalgewinnungs und -haltungskonzept sind all die Vorstellungen im vorgelegten Papier rein theoretisch und werden zeigen, wie weit entfernt sie sich von der Praxis befinden.

Wir hoffen, dass die Stadtverwaltung und die SPD ihrer sozialen Verpflichtung gerecht werden und den neoliberalen Weg der Privatisierung endlich als das erkennen, was er ist: Kein glänzender Königsweg, sondern ein Irrweg. Wir wollen keine Wege für Könige, sondern eine solide Straße, auf der alle Bürger sichergehen können.

(Anmerkung der Redaktion: Frau Wolf antwortete zusammen mit dem Landtagskandidaten der LINKEN.)

 

Ausschnitt aus einem Artikel von  Thomas Thöne https://o-thoene.de/was-sagen-die-bezirkskandidaten-zur-heilig-geist-spital-stiftung