Bezahlbare Mieten statt hohe Renditen!

Eva Bulling-Schröter

Ingolstadt ist die fünftteuerste Studentenstadt Deutschlands, ein Ende der Preissteigerung ist nicht in Sicht. Umso wichtiger wäre deshalb das Handeln der Verantwortlichen in der Stadtregierung. Doch das bleibt bisher aus.

Für 60 Millionen Euro erwirbt die Düsseldorfer Gerchgroup nun das ehemalige Rieter-Gelände. Es
soll Wohnraum entstehen, neben gewerblicher Nutzungsfäche. Soweit, so gut. Doch wer sich die
Gerchgroup sowie deren letzte Unternehmungen genauer ansieht, erkennt, dass es dem Investor
natürlich nicht um qualitativ hochwertigen, bezahlbaren Wohnraum geht. Das Beispiel der Passauer Peschl-Areale zeigt die Vorgehensweise der Gerchgroup. War die Berichterstattung zunächst noch positiv, kam im Laufe des Projektes immer mehr Kritik auf. Das Projekt wurde überdimensioniert geplant, um möglichst viel Proft zu erzielen. Die Qualität des Wohnraums spielte dabei keine Rolle, als „Beton-Ghetto“ wurden die Pläne der Spekulanten bezeichnet. Einen eingesetzten Gestaltungsbeirat boykottierte das Unternehmen, die Planungen wurden fortan ausschließlich mit Bürgermeister und Verwaltung fortgeführt – ein undemokratisches und intransparentes Vorgehen vorbei am Stadtrat und an der Öfentlichkeit. Als gewinnorientiertes Unternehmen ist die Gerchgroup auf möglichst hohe und schnelle Profte aus – dem fallen die Qualität des Wohnraums und die Bezahlbarkeit der Mieten zum Opfer. Brauchen wir diese Immobilienhaie wirklich in Ingolstadt?

Die Stadt hätte die Möglichkeit ergreifen und das Gelände selbst aufkaufen können. Somit hätte sie selbst kommunale Wohnprojekte verwirklichen und sozialen, bezahlbaren Wohnraum schafen
können. Sie hätte Flächen zurückhalten können, sowie Teile des Areals unter vorgegebenen
Bedingungen an Investoren vergeben oder verpachten können. Aber weder hat die Stadtregierung
diese Chance genutzt, noch hat sie überhaupt Interesse bekundet, das Areal zu erwerben. Die
Stadtregierung hat hier versagt, ist sie doch ofenbar nicht willens, Verantwortung zu übernehmen.
CSU-Stadträte wie Konrad Ettl schmücken sich mit Floskeln wie „Bauen, bauen, bauen“, doch wenn sie die Möglichkeit haben, tatsächlich bezahlbaren Wohnraum in großem Maße zu schafen, üben sie sich in Schweigen. So werden die 128000 Quadratmeter des ehemaligen Rieter-Geländes in den Händen privater Immobilienhaie liegen, die möglichst hohe Mieten einnehmen und das Preisniveau in der Stadt noch weiter in die Höhe treiben wollen.

Es gäbe viele Möglichkeiten, als Stadt wieder Kontrolle über die Wuchermieten zu erlangen und in
einer Boomtown wie Ingolstadt auch bezahlbaren Wohnraum zu schafen. Die Stadt Ulm macht es
vor: die Stadt kauft Grundstücke auf, um dort Wohngebiete zu errichten, rund ein Drittel des
Stadtgebiets liegt bereits in kommunaler Hand. Es existiert ein Vorkaufsrecht, unbebaute
Grundstücke können nur von der Stadt gekauft werden. Diese Grundstücke müssen dann auch
bebaut werden, ansonsten gehen sie wieder zurück an die Stadt – Spekulation mit städtischem
Boden wird dadurch Einhalt geboten. Die Bodenpreise steigen dort vergleichsweise langsam.
DIE LINKE fordert die Stadtregierung auf, das Konzept auf Ingolstadt zu übertragen und dadurch
einen Beitrag für bezahlbaren Wohnraum zu leisten. Zu Verkauf stehende Flächen müssen erworben und mit qualitativ hochwertigen, bezahlbaren Wohnungen bebaut werden. Im Fall des Rieter-
Geländes hat die Stadtregierung eine große Chance vertan, günstigen Wohnraum zu schafen und
dadurch in die Zukunft der Stadt zu investieren. Um ein Zeichen zu setzen und den Verantwortlichen aufzuzeigen, wie relevant das Thema Mietpreise für Normalverdienende in Ingolstadt ist, starten wir eine Postkartenaktion. Interessierte können sich Postkarten im Linken-
Büro am Bachl abholen, ihre Erfahrungen mit den Mietpreisen in Ingolstadt schildern und sie an den Oberbürgermeister senden. Es besteht dringender Handlungsbedarf, insbesondere im Hinblick auf die misslungene Wohnungs- und Sozialpolitik der letzten Jahre. Ginge es der Stadtregierung tatsächlich darum, die Preise auf dem Wohnungsmarkt zu senken, so könnte sie dies mit der Adaption des Ulmer Konzepts und dem zukünftigen Kauf von bebaubaren Flächen beweisen.